Leroy das Sensibelchen alias die Elfe

Aus Leroys Vorstellung wisst ihr bereits, dass für ihn die Zeit im Tierheim Berlin ziemlich hart war. Er hatte zwar in seiner Verhaltenstherapeutin Xenia eine große Stütze gefunden, aber sie konnte auch nicht für ihn die anderen Hunde, die auch ihre Hilfe brauchten aufgeben. Er fand durch die Verlegung auf die Krankenstation zwar etwas Ruhe, aber natürlich war auch das nichts im Vergleich zu einem sicheren Zuhause. Schon zu Tierheimzeiten bekam er daher aufgrund seiner großen Sensibilität den Spitznamen „die Elfe“. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass ihn so eine Tierpflegerin im Tierheim nannte als es darum ging ihm sein Geschirr anzulegen für die Fahrt in sein neues Zuhause. Leroy hatte so wenig Vertrauen zu allen anderen Tierpflegern, dass Xenia das übernehmen sollte. Letztendlich weiß ich gar nicht, ob ich nicht sogar das Geschirr ihm dann angelegt habe.

Damals konnte ich das mental gar nicht alles erfassen, weil ich ihn für mich als durchaus offenen, wenn auch etwas unsicheren Rüden empfunden hatte. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt auch nicht verstehen weshalb Xenia so überwältigt war und sich freute als er sich so selbstverständlich mich als Frauchen ausgesucht hatte. Mittlerweile weiß ich, dass ich Leroy scheinbar einfach neutral begegnet war und ihn so annahm wie er war. Ich hatte 2013 zwei wichtige Personen in meinem Leben verloren, nämlich zunächst meinen Opi, dann meinen geliebten Hund Francis und so hatten wir uns einfach gesucht und gefunden und teilten unsere Trauer über den erlebten Verlust. Auch die Fahrt nach Hause, die über 4 Stunden dauerte, verschlief Leroy, wenn auch pupsend. Der einzige Moment an dem ich ihn dann Zuhause unsicher erlebte war der Moment als er am Sofa stand und als Übersprunghandlung anfing in der Luft zu rammeln. Ansonsten verlief alles recht gut. Ich glaube, die Krux an der Sache besonders zu einem sensiblen Hund eine Basis aufzubauen, ist einfach ehrliche, offene, Gefühle zu zeigen und kein Mitleid. Du bist unsicher, aber ich bin immer für dich da. Ich übernehme das für dich.

Ein wenig ins Schwanken geraten bin ich dann aber auch. Ich denke im Nachhinein hatte es immer den Grund, dass ich mir selbst nicht mehr vertraute; warum auch immer. Du bist Hundetrainer, du hast das gelernt. Du bist besser als ich. Ich glaube, das fasst das ganz gut zusammen.

So war ich im Laufe von unserer gemeinsamer Entwicklung auch in einer Hundeschule, die darauf abzielte den Hund genau am Punkt seiner Angst abzuholen und weiter zu führen. An sich keine schlechte Idee. Aber ich glaube an dem Punkt entwickelten sich bei mir im Kopf die Probleme, weil ich realisierte an welchen Stellen Leroy unsicher werden könnte. So übten wir durch eine Bällebox wie es Welpen gezeigt bekommen zu gehen oder über ein Brett. Ich weiß nicht genau was es mit mir machte, aber ich hielt regelmäßig die Luft bei dieser Übung an und es klappte mehr schlecht als recht und so zog sich unsere Entwicklung wie ein Kaugummi in diesem Bereich. Leroy hatte aber nach wie vor Angst über eine Autobahnbrücke zu gehen und so lief ich eine Zeit lang mit Pansen in der Hand gebückt ihn lockend drüber. Als dann der Wesenstest immer näher kam, stieg dann in mir die Unsicherheit hoch. Durch einen Tipp wechselte ich die Hundeschule.

In der Hundeschule von Dirk erfuhr ich ein krasses Gegenprogramm. Aber es half uns in diesem Moment wieder in die Spur zu kommen. Neben der Platzarbeit mit klassischer Konditionierung, die Dirk äußerst kreativ und recht realitätsnah vermittelte, unternahmen wir gemeinsame Hundespaziergänge jeweils am Wochenende. Es war schön, dass nicht alles nur so steril ablief. Sterile Übungen mit exakt 2m Abstand zu meinem Nachbarn und etliche Wiederholungen waren für mich immer ein Grauen und übelst langweilig. Wenn mir schon so langweilig war. Wie ging es dann meinem Hund?! Bei Dirk merkte ich, dass es auch anders gehen konnte. Durch diverse Übungen lernten Leroy und ich zudem anderen Hundehaltern zu vertrauen. Wir wechselten die Hunde und versteckten uns mit dem jeweils anderen Hund und riefen mit einem „Hiiier“ ab. Auch wenn Leroy und ich hier ins kalte Wasser geworfen wurden, lernten wir hier viel und bestanden dann den Wesenstest beim Bochumer Amtstierarzt als bestes Team. Es folgte Anfängermantrailing und mit Elementen aus der Freisuche und wir wuchsen weiter über uns hinaus. Als es dann richtig gut lief, zog die keine Melody ein und wir machten eine Zeit lang weiter.

Es war schön, denn es funktionierte auch gut mit zwei Hunden. Spätestens als ich hörte wie andere über uns sprachen, dass Leroy ja schließlich ein ganz untypischer Pitbull sei und die Kleine schließlich eine sehr gute Pflegestelle gehabt hätte, da war ich mir ganz sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Neid ist immer die aufrichtigste Form der Anerkennung.

Mit der Zeit bemerkte ich dann einen Wandel bei uns. Eigentlich wollte ich das gar nicht so wahr haben, aber mein Beruf, meine Ausbildungen, circa 4 Mal die Woche Hundeschule inklusive der 30minütigen Fahrt nach Mülheim überdrehten uns als Team. Ich weiß nun, dass uns einfach nur Ruhe fehlte. Besonders an Leroy spürte ich das schnell, aber schob es dann auch schnell wieder weg. In dieser Zeit kam es zu vier unschönen Begegnungen innerhalb der Hundeschule und dieses Erlebnis machte etwas in mir. Ich erkannte, dass das in diesem Moment nicht mehr unser Weg war. So sehr ich auch die vielen Menschen und Hunde, die ich in der Hundeschule ins Herz geschlossen hatte, mochte, mussten wir dringend da heraus.

Um das nochmal ganz deutlich zu sagen: das hatte nichts mit dieser Hundeschule zu tun. Unser Weg hier war für diesen Moment einfach beendet. Wir hatten alles was wir hier lernen konnten erfahren und nun zeigten mir meine Elfe und das pubertierende Monster an, dass ich nicht mehr auf der Überholspur leben wollte. Eine Pause musste her.

Rückblickend muss ich wirklich sagen, dass ein so sensibler Hund wie Leroy nicht nur ein Wegweiser ist, sondern mein ganz persönliches Geschenk.

Habt ihr auch solche Erfahrungen gemacht? Schreibt uns gerne und berichtet uns davon.
Annabelle mit Leroy und Melody

 

 

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